Warum Menschen andere kontrollieren (müssen)…
Oder: Warum ist lieben eigentlich so schwer?
Kennen Sie das?
Sie sitzen vor dem Fernseher, haben endlich mal ein bisschen Zeit für sich, relaxen, gönnen sich ein Gläschen Prosecco und lassen sich berieseln, z.B. so wie ich gestern Abend von „explosiv“. Dorthinein hatte ich gezappt, sah und hörte nun, dank einer versteckten Kamera, wie es ist, wenn Männer(!) ihre Frauen kontrollieren …. und – staunte nicht schlecht.
Das sagten die Männer, die sich teilweise nur hinter einer Schattenwand mitteilen mochten: „Wir sind doch jetzt zusammen, also haben wir auch EINE Privatsphäre“.
„Sie darf ja Freu(n)de haben, aber bitteschön nur mit mir“,
Der nächste sprach von Besitz und Besitzanspruch, sie gehört mir …
Sie überwachen „IHRE“ Frauen, sie verfolgen sie und bespitzeln, sie befragen andere, tippen die Wahlwiederholung im Telefon, lesen heimlich die sms im Handy, rufen Wahrsager an, Kartenleger, um nachzufragen: „Was tut meine Frau“ und immer wieder gerne auch: „Was denkt sie über mich?“ ….
Da wird alle 10 Minuten bei ihr angerufen, wenn sie unterwegs ist, was machst Du, wann kommst Du, wo bist Du, wer ist bei Dir?
Trotz der erhaltenen Info glaubt man ihr nicht, fährt am Haus vorbei, schaut in Fenster, sucht nach ihrem und/oder fremden Autos, sucht nach Beweisen, die endlich bestätigen, was man ja längst glaubt zu wissen, sie ist nicht treu, sie liebt mich nicht. …
Bisher kannte ich das zumeist aus den Gesprächen, Erfahrungen vieler Frauen, die ich berate, coache und denen ich anbiete, statt weiter zu ver-zweifeln, zu kontrollieren, zu leiden und unsicher zu sein, doch lieber IN sich nachzuschauen, was sie all das tun und aushalten lässt.
Inzwischen verändert sich die Welt, mehr und mehr Männer „spielen da auch mit“.
Eines tun sie allesamt nicht, nämlich: Einfach denjenigen zu fragen, um den es hier eigentlich geht!
Sie sagen nicht: „Schatz, ich habe Angst, Dich zu verlieren, ich möchte nicht, dass ein anderer Mensch mit Dir so viel Nähe und Freude hat, wie ich.“
„Ich kann nicht glauben, dass Du mich liebst, mit mir zusammen sein willst.“
„Ich glaube, ich weiß gar nicht, was Liebe ist, wie man liebt.“
„Ich kann Dir nicht vertrauen, ich glaube Dir nicht, ich kann mir nicht vorstellen, dass Du mich so liebst, dass ich Dir so wichtig bin, dass Du mich schön findest, reizvoll, begehrenswert, dass Du mit mir wirklich glücklich bist.“
„Ich möchte Deine Aufmerksamkeit, Fürsorge, Zärtlichkeit und Liebe ganz allein für mich.“
Das Verrückte dabei ist, oftmals sind zwei Menschen zusammen, die 1:1 genau so empfinden. Beide sind bereits durch vorherige Erfahrungen verletzt, eifersüchtig, misstrauisch, kontrollieren, haben Verlustangst usw.
Da sie nicht miteinander reden, sondern nur mit vielen anderen Menschen über den/die anderen, leiden sie Höllenqualen, ohne dass sich etwas ändert, im Gegenteil, es wird immer schlimmer.
Auch, wenn „nur“ einer von beiden in einer Partnerschaft so empfindet, wird es letztlich für beide zur Hölle.
Sich in dieser Verfassung, Situation zu befinden ist schrecklich, anstrengend, frisst viel Kraft, macht müde, ängstigt, unsicher, abhängig, manchmal sogar krank und führt fast immer dazu, dass das Befürchtete, nämlich verlassen zu werden, nicht mehr geliebt, wirklich eintritt, zur Realität wird.
Im Blog von Conni Lubeck, „Anleitung zum Entlieben“ kann man das wunderbar nachlesen. www.blogigo.de/Lapared
Was also geschieht wirklich in einem Menschen, der eifersüchtig ist?
Wie fühlt er sich? Was lässt ihn handeln, also aktiv werden?
Ein Mensch, der so reagiert, hat gelernt, glaubt, dass ein anderer ihm wirklich gehören kann. Wenn endlich (s)ein Partner da ist, dann wird alles anders.
Denn der Partner sorgt für einen, weiß alles, versteht alles, übernimmt Verantwortung und/oder lässt (über) sich bestimmen, gehört einem, ist DER Ersatz, der alles andere überflüssig macht – ein Mensch für alle Fälle …. alleS andereN wird aufgegeben, zu Gunsten des Traumprinzen/Traumprinzessin, damit macht sich der eine vom anderen komplett abhängig, beginnt zu klammern, einzuengen.
Er kümmert sich, ist immer da, liebt ohne Unterlass, ohne Pause, ist stets interessiert an einem. Er weiß, was wohltuend ist, wann der andere schlecht gelaunt ist, was dann zu tun ist, trägt ihn auf Händen.
Er bricht mit der Vergangenheit, am besten auch mit seiner Familie, den Kindern, allem, was potenziell bedrohlich ist, weil es ebenfalls geliebt wird.
Es zeigt sich, dass ein Mensch, der sich so er-lebt, den anderen mit niemandem teilen will.
Erwartet, gewünscht wird: Symbiose, also ineinander miteinander verschmelzen, eins werden, DAS ist es. Und wehe, der andere macht nicht mit.
Die Menschen, die diese Erwartungen wirklich in sich haben, tragen ihre „Drehbücher“ immer mit sich, sie casten, besetzen, führen Regie, besetzen um, planen …
Das Ganze hat nur einen Haken, ein eminentes Defizit: Der Hauptdarsteller weiß weder, dass er gecastet wurde, noch, dass er besetzt wurde, noch kennt er die Rolle und schon gar nicht weiß er, welche Erwartungen der andere hat, der stets beteuert: Ich liebe Dich doch! …. um eigentlich genau das vom anderen zu hören und das bitte oft, am liebsten mehrmals täglich und nicht nur das, Beweise bitte, beweis es mir.
Das meiste dessen, was der Drehbuchautor erlebt, findet in seiner Phantasie-Welt statt, die mit der gelebten Realität mit dem Außen selten etwas zu tun hat.
Es laufen ganze Filme, in denen der eine aktiv ist, erwartungsvoll, abhängig, stets hungrig auf mehr, von denen der andere keine Ahnung hat, weil nichts kommuniziert wird, denn in der Vorstellung desjenigen, der im Drehbuch ist, weiß der andere alles, muss es doch fühlen, verstehen, voraussehen usw. ….
Aufgrund dieser „Nebenrealitäten“ entsteht gelebte Aktion, man verbrüdert sich mit anderen, intrigiert, manipuliert andere, erzählt Geschichten, die nur im eigenen Kopf tatsächlich stattfinden.
Die Bereitschaft, dem angeblich geliebten Partner sehr viel Negatives, Verletzendes, Böses zu unterstellen, ihm nicht zu vertrauen, ist erstaunlich.
Er wird nicht geliebt, wie er ist, sondern sie sind verliebt in das Bild, wie er sein soll(te).
Und wenn der andere nicht so ist, sich nicht so verhält, wie erwartet, dann kippt das Lieben oft um, in Enttäuschung, daraus wächst neben Hilflosigkeit oft auch Wut, Aggression, es beginnt Verfolgung aus Hass, dem anderen darf es nicht gut gehen, wenn ich leide… der hat Schuld, dem wird’ ich es zeigen, den mach ich fertig.
Erwartungen werden genährt durch sogenannte Glaubenssätze, das sind Informationen, Botschaften, die wir „mit der Muttermilch“ bereits aufnehmen, die als selbstverständlich gelten, aber in Wahrheit „Lügen“ sind. Denn wer die seinigen einmal bewusst betrachtet, wird recht schnell feststellen, das ist nicht meine Wahrheit, im Gegenteil, vieles davon behindert mich, es macht mir den Raum eng, es behindert mich sogar auf meinem Weg!
Glaubenssätze wie z.B.: Warte ab, wenn Du erst verheiratet bist, einen Partner hast, wird alles anders.
Oder: Jede Frau wird wach geküsst von ihrem Traumprinzen a la Richard Gere und Julia Roberts.
Oder: Die Frau versorgt die Familie und den Mann
Sehr gern genommen auch: Die Frau sei dem Manne untertan.
Oder: Du bist nicht hübsch, reizvoll, sei froh, wenn Du eine/n abbekommst und verhalt Dich angemessen, sei gefällig.
Es gibt davon so viele, ist schon interessant herauszufinden, was wirkt da alles in mir.
Das kann man recht einfach mit Hilfe des bewussten Atmens und hineinfühlen für sich klären, erkennen, annehmen und dann auch loslassen, verändern, heilen. ….
Die meisten Menschen wissen nicht, dass sie Verstandes-Emotionen haben, das ist das, was man glaubt zu fühlen, wenn es um einen anderen Menschen geht und sich selbst – und Gefühle in sich, die allein mit ihnen zu tun haben, durch sie selbst entstehen, für sie selbst wohltuend sind, OHNE Einfluss von außen!
Diese Gefühle sind spür- wahrnehmbar im Herzen und im Solar Plexus und brauchen keinen anderen, sie sind einfach, genauso, wie Liebe IST, sich schenkt.
Dazu kommt noch, dass Frauen gefördert werden, zumindest im Umgang mit ihren Emotionen, sie dürfen weinen, können sich ausdrücken, sind Profis in „Dramen“ – Männer hingegen haben gerade in diesen beiden Bereichen Defizite, wissen nicht so recht, wie drücke ich mich aus, wie gehe ich um, mit diesen seltsamen Emotionen in mir….
Mann und Frau bestehen jeweils zu 50% aus Weiblichkeit und zu 50% aus Männlichkeit.
Wenn das wirklich balanciert ist, in einem Menschen, dann fühlt der sich wohl, ist in sich heil und glücklich.
Die meisten Menschen sind nicht balanciert, ihrer Selbst wenig bis gar nicht bewusst, hängen in ungeklärten Altlasten, Verletzungen usw. und leiden mehr, als dass sie sich wohlfühlen, in ihrem Leben, im Umgang mit anderen.
Jeder Mensch kann, sofern er das will, sein Leben selbst gestalten, verändern usw. was dazu führt, dass er recht schnell in der Lage sein wird, seiner Selbst bewusst zu sein, sich selbst zu vertrauen, sich selbst zu lieben, seiner Selbst sicher zu sein, selbstständig, selbstverständlich, selbstverantwortlich, selbstbestimmt ….
Ein so in sich ruhender balancierter Mensch schenkt seine Liebe und wird beschenkt.
Er ist erwartungsfrei und ist und bleibt auch in einer Zweisamkeit unabhängig.
Im Partner erkennt er das Geschenk, fühlt sich bereichert, tut mit ihm sehr gern vieles, ohne jedoch auf die anderen Kontakte seines Lebens deshalb zu verzichten.
Es kommt nicht zur Verschmelzung im Leben, sondern bestenfalls in der Sexualität und Lust.
Ein Ganzes Partner 1 und noch ein Ganzes Partner 2, ergeben ein drittes Ganzes, beide zusammen, das „wir“ – das auch ohne, dass beide ständig darin präsent sind, wächst und sich entwickelt, genau so, wie 1 +2 das in ihrem Dasein allein auch tun (können).
So ist Partnerschaft kein Gefängnis, der Partner kein Besitz, sondern eine freiwillige Liebesbeziehung auf Zeit – modelliert, erschaffen, nach den Bedürfnissen und Wünschen beider, frei von Glaubenssätzen und Klischees.
Wer so liebt und lebt, der erfährt, dass Liebe in sich und für den anderen wundervoll ist, berührend und „eigentlich“ ganz einfach.
© Johanna-Merete Creutzberg
20. Oktober 2008
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